Piloten klagen gegen Diskriminierung
Erstmals wird vor einem deutschen Gericht ein prominenter Rechtsstreit um das neue Antidiskriminierungsgesetz verhandelt. Drei Kapitäne klagen gegen die Lufthansa, weil die größte deutsche Fluglinie ihre Piloten bereits mit 60 in Rente schickt.
Der Fall ist ab Montag Thema vor dem Frankfurter Arbeitsgericht (Az.: 6 Ca 7405/06). Die Kläger werfen der Lufthansa vor, dass sie wegen ihres Alters benachteiligt werden. Die Piloten berufen sich dabei auf das seit August geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Fall ist juristisches Neuland. Das Urteil der Richter könnte als Grundsatzentscheidung auch für andere Branchen von erheblicher Bedeutung sein.
Die Altersgrenze für Piloten stelle eine "evidente unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des AGG dar", heißt es in der Klageschrift, die der FTD vorliegt. Die Kapitäne wollen erreichen, dass sie bis zu einem Alter von 65 Jahren fliegen können.
Nach FTD-Informationen zielen die Kläger darauf ab, dass der Fall an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen wird. "Das könnte ein Präzedenzfall werden, bei dem der EuGH das letzte Wort hat", sagte Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Bonn.
Die Bundesregierung hatte mit dem Gleichbehandlungsgesetz EU-Vorgaben erfüllt. Von vornherein war es umstritten; wegen verfassungsrechtlicher Bedenken hatte Bundespräsident Horst Köhler seine Zustimmung hinausgezögert. Die Einführung der Antidiskriminierungsregeln bereitet vielen Unternehmen große Umstellungsprobleme. Selbst Rechtsexperten sind unsicher, wie weitreichend die Vorgaben sind.
Die Lufthansa lehnt eine längere Beschäftigung ihrer Piloten ab. Die Fluggesellschaft beruft sich dabei auf den bestehenden Tarifvertrag und frühere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. "Wir halten uns an alle gültigen Verträge", sagte ein Lufthansa-Sprecher. Zudem sehe auch das Gleichbehandlungsgesetz Fälle vor, in denen eine Altersbeschränkung rechtens sei.
Dem widersprechen die Kläger. "Das Gesetz erlaubt nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters, und zwar nur dann, wenn diese erforderlich ist", heißt es in der Klageschrift. Die Anwaltskanzlei Helmig & Huschke, die den Fall betreut, vertritt insgesamt zwölf Piloten und will weitere neun Klagen nachreichen.
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) weist Forderungen nach einem späteren Rentenbeginn mit dem Hinweis auf Sicherheitsrisiken zurück. "Unser oberstes Ziel ist die Sicherheit", sagte ein VC-Sprecher. "Wir halten es für sinnvoll, mit 60 aufzuhören."
Das deutsche Recht und internationale Regeln gestatten die Ausübung des Pilotenberufs bis zum 65. Lebensjahr. Zudem sind für die Pilotenlizenz ohnehin regelmäßig medizinische und technische Checks vorgeschrieben.
An anderer Stelle hat die Lufthansa auf die strengeren Antidiskriminierungsregeln bereits reagiert: In ihrer Stellenausschreibung für Flugbegleiter fordert der Konzern mittlerweile nur noch ein Mindestalter von 18 Jahren. Bislang galt ein Alter zwischen 18 und 40 Jahren als Voraussetzung.
Auch in anderen Branchen gibt es vergleichbare Altersgrenzen, die mit dem neuen Gleichbehandlungsgesetz angefochten werden können. So dürfen beispielsweise niedergelassene Ärzte nur bis zu einem Alter von 67 Jahren Kassenpatienten behandeln. Allerdings soll diese Regel mit der Gesundheitsreform zumindest für Gebiete mit Ärzteknappheit außer Kraft gesetzt werden.
Quelle: FTD