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Dienstag, 10. November 2015, 10:02

Streitet sich Air Berlin mit den Arabern in die Pleite?

Zitat

Noch hält der Großaktionär Etihad die finanziell schwer angeschlagene Fluglinie in der Luft. Aber die Araber haben andere Interessen als ihre deutschen Manager. Ein Streit wäre existenzgefährdend.

Es ist ein Vertrag, der Air Berlin auf kurz oder lang das Leben kosten könnte. Den Deal schloss der langjährige Vorstandschef Joachim Hunold zu einer Zeit, als er sich schon fast auf Augenhöhe mit der Deutschen Lufthansa wähnte. Hochfliegende Pläne hatte der Manager damals, als er mit Michael Frenzel verhandelte, dem damaligen Chef des Reisekonzerns TUI. Heute kostet das Abkommen Air Berlin jede Menge Geld – das die Fluglinie längst nicht mehr hat.

Angeblich zahlt Air Berlin seit 2009 rund 100 Millionen Euro pro Jahr an die TUI, für insgesamt 14 geleaste Flugzeuge inklusive Besatzung. Das ist anderswo deutlich billiger zu haben.

Mehrfach versuchten Hunolds Nachfolger, aus dem Vertrag mit dem Großkunden herauszukommen. Ohne Erfolg. Angeblich läuft das Leasing noch bis 2019 und verlängert sich automatisch um zehn Jahre, wenn nicht beide Seiten kündigen. "Wie geil ist das denn?", soll Friedrich Joussen entfahren sein, Frenzels Nachfolger als TUI-Chef, als er von dem Vertrag hörte.

Seit Börsengang 2006 hat Air Berlin nie richtig Geld verdient

Für den aktuellen Air Berlin-Chef Stefan Pichler ist der Vertrag Teil eines großen Albtraums vom Niedergang seines Unternehmens. Sein Vor-Vorgänger Hunold privatisiert mittlerweile, offiziell. Aber als Aufsichtsrat mischt er angeblich hinter den Kulissen noch kräftig mit.

Genutzt hat es wenig, denn in der kommenden Woche wird Pichler einmal mehr erklären müssen, warum es der Airline immer noch so schlecht geht. Der Aktienkurs ist mittlerweile ganz tief im Keller, unter einem Euro, das Eigenkapital negativ, und ein gigantischer Schuldenberg produziert hohe monatliche Zinskosten.

Ein erster Versuch Pichlers, seinen Aufsehern und Ankerinvestoren einen ambitionierten Spar- und Sanierungsplan schmackhaft zu machen, ist Ende September kläglich gescheitert. Am Dienstag tagt nun der Aufsichtsrat, und am Mittwoch soll der Sanierungsplan in Berlin-Mitte den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Es könnte der letzte sein.

Seit dem Börsengang 2006 hat Air Berlin nie richtig Geld verdient, inzwischen haben sich Schulden in Milliardenhöhe angehäuft. Jeden Tag werden es mehr. Zudem drücken die Forderungen der Gläubiger am Anleihemarkt. Am Tag der Aufsichtsratssitzung wird beispielsweise eine hoch verzinste Anleihe im Volumen von 200 Millionen Euro fällig.

Sprit nur gegen Cash – dann droht die Pleite

Zwar hat Air Berlin mithilfe ihres Großaktionärs, der staatlichen Fluglinie Etihad aus Abu Dhabi, eine Anleihe platzieren können, aber die bringt sehr hohe Zinszahlungen mit sich – und reicht allein nicht aus, um die fälligen Schulden abzulösen. Noch hat die Airline genug Geld in der Kasse und aufgrund einer alten Zusage immer noch Kredit bei Etihad. Sollten aber ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit aufkommen und zum Beispiel Spritlieferanten nur noch gegen Sofortbezahlung Flugzeuge betanken, könnte es finanziell sehr schnell eng werden. Auf diese Weise wurde schon 2001 die renommierte Swissair in die Pleite getrieben.

Pichler weiß all das, gibt sich aber notorisch optimistisch. Der 58-jährige ehemalige Profi-Leichtathlet will derjenige sein, der Air Berlin 2016 operativ wieder in die Gewinnzone bringt – wenn es sein muss, auch im Alleingang. Bei vielen seiner Managerkollegen gilt er mittlerweile als beratungsresistent, auch deswegen ist er wohl vor einigen Wochen schwer mit Etihad-Chef James Hogan aneinandergerasselt.

Dabei hatte Hogan selbst dafür gesorgt, dass Pichler finanziell hoch dotiert auf dem Chefsessel von Deutschlands zweitgrößter Airline gelandet ist – wohl auch um Rückkehr-Ambitionen von Ex-Chef Hunold zu kontern. Die erste Präsentation von Pichlers Sanierungsplan aber endete in einem Desaster.

Schrumpfen oder stabilisieren?

Im Kern geht es um Schrumpfen oder Stabilisieren. Pichler will radikal verkleinern: Weniger Flugzeuge, nur noch ein Drehkreuz in Düsseldorf, ein hoch optimiertes Streckennetz, weniger Personal, kein kostenloses Catering mehr an Board. Vor allem defizitäre, aber für Etihad wichtige Europastrecken wollte er streichen – und wurde von einem wütenden Hogan in der Aufsichtsratsitzung zurückgepfiffen. Als das kostenpflichtige Catering zur Sprache kam, soll der Australier schier sprachlos gewesen sein. Dies könne er sich für seine Gäste aus Asien und den Emiraten nicht vorstellen, ließ er Pichler barsch wissen.

Hogan schwebt als Leitbild weiterhin das klassische Airline-Modell vor. Er will die deutsche Beteiligung stabilisieren und möglichst schnell wieder wachsen sehen. Der Herrscherfamilie in Abu Dhabi hat er Air Berlin beim Kauf des Aktienpakets von rund 30 Prozent als Rohdiamanten angepriesen. Doch anstatt zu erstrahlen, zeigt der immer mehr Einschüsse – und wird immer teurer. Pichler hat bereits versucht, neue Investoren zu finden, ist aber kläglich gescheitert.

Für Etihad sind die gemeinsamen Flüge mit Air Berlin unter einer Flugnummer strategisch enorm wichtig und entsprechend viel wert. Doch gerade diese "Codeshare"-Flüge wollte das Bundesverkehrsministerium kurz vor Beginn des Winterflugplans zum Großteil nicht mehr genehmigen, weil sie nicht durch das Luftverkehrsabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten abgedeckt sind.

Dobrindt ärgert sich über die Araber

Etihad hat mit den Beamten von Minister Alexander Dobrindt (CSU) bis zum Schluss gepokert und zog sogar vor das Verwaltungsgericht Braunschweig, um eine Genehmigung zu erreichen. Zum Schutz der Kunden, die ihre Tickets bereits bezahlt hatten, räumten Dobrindts Beamte schließlich eine letzte Frist bis Januar 2016 ein.

Im Ministerium ist man stinksauer über das Auftreten der Araber. "Eine Strategie des Verweigerns und Nicht-Verhandelns seitens der Vereinigten Emirate kann nicht aufgehen", heißt es. Wenn das geltende Recht nicht ergänzt werde, komme es zur Anwendung. Eine Verlängerung der Ausnahmegenehmigung sei derzeit undenkbar.

Das macht die Lage für Pichler noch aussichtsloser. Zumal der Billigflieger Ryanair gerade einen neuen Preiskampf auf innerdeutschen Strecken entfacht hat. Und nun steht der Winter vor der Tür, Ferienfluggesellschaften verdienen in dieser Zeit deutlich weniger. Aber die Kosten für die immer noch rund 8400 Mitarbeiter bleiben bestehen, genauso wie die Leasingraten für die Flugzeuge – und die Lasten der Vergangenheit.

Quelle: welt.de

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Dienstag, 10. November 2015, 11:22

Wer schließt bitte als Manager solche Verträge ab?!!?
Und warum sitzt der dafür noch nicht im Knast?
Meine Güte, ich hab echt den falschen Job :D