Guten Morgen Jonathan
Na dann gehen wirs mal an...
Die erste Design-Entscheidung beim Kühlsystem der man sich stellen sollte ist die Antwort auf die Frage ob man einen einzelnen Kreislauf wo alles in Serie drinhängt haben will oder ob man noch effizienter arbeiten will indem man zB 2 oder gar 3 Kreisläufe haben will und so zB die Grafikkarte(n) von CPU und Mainboard abkoppeln will. Damit kann man dann auch die Lüfter der Radiatoren deutlich besser regeln weil man eben nur dort die Drehzahl hochsetzt wo es benötigt wird. Man kann auch zB 3 Loops bauen, hab ich auch schon mal gemacht, wird aber relativ mühsam von der Regelung, da müssen dann schon recht hochgezüchtete und bereits erweiterte Regler wie ein Aquaero 6 mit ein paar PowerAdjusts her. Das Aquaero 5/6 System ist hier übrigens absolut unschlagbar was Flexibilität und Leistung betrifft, das ist das einzige was mir noch in die Wasserkühlung kommt. Ist zwar eine kleine Wissenschaft für sich das Ding zu konfigurieren, nur damit kann man dann eben so Dinge machen wie auf der einen Seite über Software die CPU Temp auslesen, über Hardware die Umgebungs- oder Wassertemperatur und dann anhand der Differenz über eine Kurve die Drehzahlen der Radiatorlüfter regeln.
Reservoir teilen ist zwar möglich, würde ich aber vermeiden wenn sich die Möglichkeit bietet. Sollte es ein Platzproblem geben, es gibt mittlerweile Ausgleichsbehälter für 5,25" Schächte die auch zwei getrennte Tanks haben. Es gibt sogar welche die 2 Slots belegen wo Du die Pumpen gleich in den Behälter mit einbauen kannst, das spart doch viel Platz - der Nachteil ist daß Du evtl keine optimale Anordnung der Komponenten in Bezug auf die Höhe hast. Wenn Du zb einen Radiator im Gehäusedeckel hast und die Maschine ausmachst, dann kommt das Wasser von oben zurück in den AGB und der Füllstand steigt stark an. Sprich das Ding kannst Du dann auch nur im Betrieb füllen etc, Entlüften bei so einem Ding ist auch eine Sache für sich.
Zu den Leitungen: Wenn Du optisch schöne Schläuche haben willst, dann sollen die Schläuche eine Farbe haben und nicht die Flüssigkeit, ansonsten kannst Du jedes Jahr einmal das ganze System zerlegen, die Kühlblöcke aufmachen und da drin sehr mühsam saubermachen. Es gibt keine Flüssigkeit wo sich die Farbpigmente nicht irgendwann wo ablagern. Klare Flüssigkeiten verwenden, es gibt auch ein paar sehr gute Fertiggemische einfach in Flaschen zu kaufen dafür. Keine Kühlflüssigkeit für Autokühler oder sowas verwenden, das macht die Schläuche kaputt. Reines destilliertes Wasser nur dann verwenden wenn man zumindest einen Korrosionsschutz hinzufügt bzw etwas gegen Algen, sonst hat man da bald grünen Moder in den Schläuchen. Korrosionsschutz ist übrigens nicht das einzige worauf man achten sollte - auch zu verschiedene Metalle vermeiden! Nachdem auch destilliertes Wasser (das rein chemisch betrachtet keine Leitfähigkeit hätte, aber es erodiert ein paar Moleküle aus den Kühlkörpern raus und bereits nach wenigen Minuten ist es wundervoll ionisiert und leitet ganz toll) kein Isolator ist bzw nicht lange einer bleibt, achte bei den Kühlern darauf daß sie aus nicht zu unähnlichen Metallen bestehen die zu große Differenzen in ihren Korrosionsindizes haben. Klingt kompliziert, in der Praxis bedeutet daß lediglich daß Du entweder alles aus Kupfer nimmst oder Kupfer und vernickeltes Kupfer mischen kannst wenn Du gute Flüssigkeiten verwendest. Finger weg von Alukühlern! Schlechtere Performance und durch das deutlich drastischere galvanische Element das sich in Deinem Kühlkreis zwangsläufig ergibt zerfrisst es Metalle. Galvanische Korrosion eben. Die tritt rein technisch betrachtet zwischen Nickel und Kupfer auch auf, aber ist so gering daß die sinnvolle Nutzungsdauer Deines Systems der limitierende Faktor ist und eben nicht die Korrosion, speziell in Verbindung mit gutem Kühlmittel.
Galvanische Korrision sieht im Endstadium übrigens so aus:
Und die Veralgung und Verschlammung mit destilliertem Wasser ohne Algenkiller etc so:
Greift übrigens auch das Metall an, so schaut das dann gereinigt aus:
Zweifellos ein sehr extremer Fall, aber man sieht schon deutlich wohin die Reise geht wenn man seine Hausaufgaben nicht macht.
Ganz wichtig zu den Leitungen: UNBEDINGT Quick-Disconnects einbauen (kann zb die Koolance sehr empfehlen). Die kosten einmal zwar Geld, aber die Möglichkeit zu haben die Schläuche abzustecken ohne den Kreis ablassen zu müssen erspart mittelfristig so viele Kopfschmerzen daß man sie nicht missen will. Die guten stören den Flow auch nicht nennenswert - abgesehen davon bringt alles oberhalb von 120L/h sowieso keinen Zuwachs in der Kühlleistung mehr. Minimum sollte man 60L/h schaffen damits Sinn hat und die Radiatoren so dimensionieren daß die Wassertemperatur kein Fieber hat, also unter 37 Grad (was im Hochsommer schon mal drübergeht eben weil die Raumtemperatur so hoch ist).
Gemeinsamer Radiator - nein, wenn Du 2 getrennte Loops haben willst, dann müssen sie auch wirklich getrennt sein. Weil wenn ich gerade beim Radiator zusammenführe wird die Flüssigkeit in beiden "Kreisen" gleich warm sein, womit ich erst wieder keine Effizienzsteigerung habe. Im Extremfall wärme ich dann mit einer Komponente die andere auf als sie zu kühlen, das kann nicht im Sinne des Systems sein. Aber es gibt Radiatoren die mechanisch einer sind aber in ihrem Inneren zwei getrennte Kreise führen können, das sind die Airplex Modularity Systeme von Aquacomputer, kosten zwar ziemlich was, aber lösen dieses Problem. Bei denen lassen sich wie der Name schon sagt alle Dinge als Module anschliessen, sprich Du kannst mehrere Radiatoren zu einem zusammenhängen ohne Abstand dazwischen, Pumpen und Ausgleichsbehälter direkt an den Radi dranschrauben und whatnot.
Also so aus der Erfahrung heraus würd ich mal sagen wenn man nicht allzu extrem übertakten will dann kann man ruhig 1 Grafikkarte mit der CPU in einen Kreis tun, Verlustleistung kann man auch rechnen die man dann wegkriegt (mit dem Aquaero 5/6 kannst Du mit 2 Wassertemperatursensoren und einem Flowmeter sogar die Kühlleistung in Watt errechnen wenn Du es genau wissen willst), aber wenn man wirklich das letzte bissl Leistung rausholen will und/oder mehrere Grafikkarten am Start hat, dann würde ich zu getrennten Kreisläufen raten.
Bei Dual Loops wird halt auch die Gehäusewahl ein Thema, das ist dann so ein Ding wo man sehr viel Gehirnschmalz reinsteckt bei der Auswahl bzw dann auch mal nicht schüchtern sein darf eine Bohrmaschine in die Hand zu nehmen. Was nicht passt wird passend gemacht. Ich kann Dir aus eigener Erfahrung sagen daß man auch selbstgebaute und All-in-one Kühlsysteme kombinieren kann und damit auch sehr kleine Baugrößen erreichen kann. Siehe zb hier ein Projekt für einen Freund von mir:
Unabhängige Dual-Loops für CPU und GPU in einem MicroATX (Corsair 350D falls jemand ganz neugierig sein mag). Die CPU hängt an einem All-in-one System dessen Lüfter ein Aquaero regelt und die Temperatur holt er sich sich über Software aus dem BIOS, mit der Grafikkarte das gleiche Spiel. Front leicht modifiziert damit man einen dicken 140mm Radiator reinbringt der vorne rausbläst (wäre auch blöd die heisse Luft auf die Radeon 290X zu blasen, das gäbe einen superheißen Loop - und ja, auf dem Bild war der Lüfter falschherum drauf und wurde später umgedreht!) und der hintere Gehäuselüfter holt kühle Luft rein (auch am Bild falsch herum, live and learn) die oben wieder mit dem CPU Radiator rausgeholt wird. Die CPU deliddet geht auch weit über 4,5GHz und die Radeon wird nie wärmer als 60 Grad (nicht mal bei FurMark) was für diesen Chip extrem Kühl ist. Geht also alles, die Frage ist eben wohin Du willst mit Deinem Vorhaben.
Sorry für die kleinen Exkurse in die WaKü-Horrorstories, ich mag nur daß Neulinge einen guten Start in dieses Hobby haben anstatt in Probleme zu laufen und sich dann (zu recht) frustriert davon abzuwenden und evtl sogar zu behaupten Wasserkühlungen wären blöd.
Hoffe das hilft schon mal etwas.