4 Jahre später...
"Hey, Ralph, die Story ist genial! Fast schon wie ein James-Bond-Film, und mit Gregory Shaulinger als Alexeij wird das besser als Hollywood!"
Ralph musste grinsen. Damals hätte er nicht gedacht, dass er seine eigene Vergangenheit verfilmen würde.
Aber als er den Auftrag erfolgreich zu Ende geführt hatte, da dachte er nach - über seine Zukunft.
Er wollte eine Familie, einen schönen, gemütlichen Beruf, ja am besten.... Regisseur! Nicht umsonst hatte er, bevor er zu 'M' ging, Filmtechnik studiert.
Nach dem dritten Film, der unter seiner Regie gedreht wurde, kam er dann auf die Idee, seine früheren Erlebnisse in einen Film zu fassen.
Und offensichtlich sollte er gelingen. Jeder aus seinem Team war begeistert, vielleicht würde es sogar ein richtiger Kinohit werden!
Das mit der Familie schien auch so langsam wahrscheinlicher zu werden. Er hatte heut' Abend ein Date im Strandcafé.
Er freute sich richtig drauf. Den Sonnenuntergang betrachten und sich mit einer bildhübschen, intelligenten Frau unterhalten. Seine Gedanken kehrten zurück zum Hier und Jetzt.
"Danke, Justus."
Justus war sein erster Kameramann, genauso aber Berater und Freund für Ralph, wenn er mal ein Problem hatte.
Der Mann war einige Jahre jünger als Ralph, vielleicht 25. Er war schmal gebaut, fast etwas schlaksig, was aber zu ihm passte.
Er war einer von denen, die nichts aus der Fassung bringen konnte. Und doch war er lebendig und eigentlich immer gut gelaunt.
Ralph war nichts von dem. Breitschultrig und muskulös - "damals" musste er das ja sein - ruhig, aber stets auf alles vorbereitet.
Seine Züge waren freilich nicht mehr ganz so schön, wie sein Körper perfekt war. Er hatte einige Narben davongetragen, in all den Jahren.
"Gehen wir morgen früh etwas 'Surfen'?" fragte ihn der Kameramann verschmizt.
"Immerdoch! Was hast du denn diesmal auf Lager?" Er wusste genau, das Justus nicht Surfen meinte, denn die beiden hatten ihre eigene Sportart entwickelt.
"Wart's ab. Ist das Teil von nem Freund."
Jetzt war sein Leben wunderbar. Er konnte mit seiner Vergangenheit abschließen, das Erlebte auf seine Weise verarbeiten.
Nachdem sein erster Film ein voller Erfolg wurde, eröffnete er auf der legendären Insel St.Maarten ein Filmstudio.
Allein durch die Einrichtung des Studios waren seine ganzen Einnahmen wieder hinfort.
Doch er musste nicht um seine Existenz sorgen: Kaum war der Film fertig, bekam er ein neuen Auftrag...
Und der zweite große Erfolg. Er kaufte sich nun eine schnuckelige kleine Villa auf St. Barthélemy, von der er jeden Morgen mit seinem kleinen Prop zur Arbeit flog.
Deshalb brauchte er auch kein Auto. Irgendwie war er stolz auf sich. Er hatte etwas erreicht, was sonst nur maroden Schöseln und Geldschei**rn gelungen war.
Ralph machte sich nicht viel aus Geld. Auch Besitz interessierte ihn nicht. Er hatte einfach Spaß am Leben.
Jeder Cent, der nicht für sein Studio benötigt wurde, spendete er.
Was sollte er bitteschön mit Mamorboden auf der Terasse oder Porzellanornamenten an den Wänden seiner Villa?
Er war nicht abgehoben, wie all diese Stars und die, die schnell zu Geld kamen.
Er blieb auf dem Erdboden. Vermutlich konnte er sich deshalb auch an so guten Freunden erfreuen.
Gemütlich schlenderte er zum Flughafen hin. Als er seine Maschine sah, wurde er stutzig:
Der Motor lief, der Propeller drehte! Achso, Justus wollte ja mitfliegen weil seine Mooney in der Werkstatt ist.
Als Technikfreak konnte der es mal wieder nicht lassen...
Jetzt hockte auch Ralph in seinem Flugzeug und wartete darauf, von St. Maarten Starterlaubnis zu bekommen.
Justus legte den Hebel für die Parkbremse um und wendete sich ihm dann zu:
"Hab ich schonmal gesagt, wie sehr ich deine Annie liebe?"
"Das sagst du jedes Mal, wenn ich dich in meiner Kiste hier mitnehme!"
"Wo hast du die eigentlich her?"
"Ach, du weißt doch, da war mal so ein slovenischer Aktionär - der investierte eben lieber in Aktien und Gold, als in Rost."
"Achso ja genau..." Beide kamen um ein Grinsen nicht umhin.
Zu Hause angekommen, verabschiedete Justus sich eiligst, er wollte nochmal zur Werkstatt und nach seinem Vogel sehn.
"Hat auch wieder sein Gutes, jetzt kann ich mich in Ruhe auf Catalina vorbereiten, um 8 Uhr im Strandcafé, jetzt ist es Punkt Sechs, sollte ja kein Problem werden."
"Bis morgen."
Beruhigt ging Ralph nach Hause, seine Vorfreude wuchs mit jeder Minute. Er schloss die Tür, da blieb sein Blick am Briefkasten hängen.
Schwarzer Umschlag, mit rotem Siegel. Merkwürdig. Er nahm den Brief mit rein und setzte sich auf sein Sofa.
Schlagartig wurde er leichenblass.
Sehr geehrter Herr Narushew,
im Namen einiger hochrangiger russischer Militärs darf ich Sie herzlich dazu einladen,
sich heute Abend mit einem Freund meinerseits und mir im Restaurant 'Zum Drachen' zu treffen.
Ich bin an einem internationalem Technologietransfer interessiert,
und es würde mich freuen, wenn Sie etwas über Ihre Erfahrungen bezüglich der MiG-VJT berichten könnten.
Ich erwarte Sie um 23:00 Uhr. Bitte verzeihen Sie den späten Termin, doch ich treffe erst kurz vorher auf St.Maarten ein.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Nachmittag!
Ralph fühlte sich mit einem Schlag wie in die Vergangenheit versetzt.
Wer hatte ihn gefunden? Und was wollte dieser von ihm?
Wohl kaum sich über die Aerodynamik von Flugzeugen unterhalten...
"Ach, sch..." Ihm fiel ein, dass er vorher noch ein Date hatte.
"Egal, das ist das erste Date seit 5 Jahren... da muss ich trotzdem hin!"
Das Strandcafé lag ähnlich wie sein Haus direkt neben dem Flugplatz von St.Bartélemy.
Aber natürlich am Strand. Er überlegte noch, ob er sich das Amphib von seinem Nachbarn ausleihen sollte,
entschied sich dann aber dagegen. Die 100 Meter zum Café würde er auch so zurücklegen können
und seine Hoffentlich-Bald-Freundin war sowieso keine, die man mit fahrendem (bzw. fliegendem) Metall beeindrucken konnte.
Schurstracks marschierte er hinüber. Sie war schon da. Sie saß an einem Tisch in der Ecke des Cafés, die er am gemütlichsten fand.
Doch was spielte das jetzt für eine Rolle? Ralph war angespannt wie ein Flitzebogen und musste ständig an den Brief denken.
Er gab sich einen Ruck und setzte sich zu ihr.
"Hi!"
"Abend Catalina."
Jedesmal musste er bei ihrem Namen an das gleichnamige Flugzeug denken. Diesmal brachte ihn das nicht zum schmunzeln.
Sie fragte:
"Ist irgendwas mit dir? Du wirkst so ...panisch?!"
"Na-Nein, also ja, aber damit möchte ich dich jetzt nicht belästigen, das ist sehr privat."
"Schon gut, lass uns erstmal was essen."
Das Essen und das Bier sorgten dafür, dass Ralph sich allmählich beruhigte.
Sie unterhielten sich über dies und das bis es langsam dunkel wurde.
Schließlich erzählte Ralph ihr von seinem Leben, schließlich zeigte er ihr sogar den Brief.
Er wusste selbst nicht so genau, warum er das tat, doch eine übermenschliche Kraft hatte ihn dazu bewegt.
Vielleicht war es die Flut von jahrelang unterdrückten Emotionen, die hier aus ihm herausbrach,
vielleicht auch ihre Augen, die ihn umzauberten, ihn anlächelten, ihn betörten.
Sein Handy klingelte.
"Ja, hallo?"
"Hi Ralph, ich bin's, Justus. Komm sofort, ich glaub' in deinem Haus ist jemand eingebrochen!
Ich bin im Tower und sehe es durchs Ferglas. Jemand durchsucht deine Wohnung!"
"W-W-W-Was???"
"Ja, verdammt!"
"Ich komme, Tower sagst du?!"
"Ja, Tower, bis gleich."
Ralph legte auf. Rasch erklärte er Catalina die Situation.
Sie war bestürzt und überredete ihn, mitkommen zu dürfen.
Zusammen rannten sie zum Tower des Flughafens hinüber.
Im Laufen dachte Ralph nach, was die Einbrecher wohl von ihm wollten.
Wenn es ihnen um Geld ginge, würden sie eine der riesigen Strandvillen ausrauben.
Sie mussten gewusst haben, dass er nicht zu Hause sondern im Café war!
Oder sie hatten ihn die ganze Zeit überwacht.
Ralph und Catalina kamen am Flugplatz an. Eilig gingen sie hinein und sprinteten die Treppe hinauf.
Justus saß am Fenster, zusammen mit dessen Kumpel, Marius, der Flugplatzwart war und die Schlüssel zum Tower besaß.
Doch die beiden waren... gefesselt!
Auf einmal sprangen zwei maskierte Kerle in den Raum hinein, und verriegelten die Tür von innen.
"Ich wünsche einen schönen Abend!"
Das war die Stimme von einem der beiden, ein breitschultriger, muskulöser Mann.
Der zweite hielt einen Revolver in den Händen, mit dem er auf Ralph deutete.
Er wurde ebenfalls gefesselt und zu seinen Freunden hinüber geschubst.
Catalina wurde nicht gefesselt. Beschämt sagte sie zu ihm:
"Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass sie dich kidnappen.
Aber anscheinend haben sie in deinem Haus nicht dass gefunden, was sie gesucht hatten.
Egon?"
Der Mann mit dem Revolver antwortete ihr:
"Nichts, man meint glatt, der Kerl hätte schon immer hier gelebt. Aber er ist es, das ist sicher.
Du solltest dir mal seine Photoalben angucken."
"Macht auch nichts, er hat mir vorhin sein ganzes Leben erzählt. Aber sieh dir einmal diesen Brief an,
den Ralph bei sich trägt."
Schnell wurde er durchsucht und ihm der Brief abgenommen. Ralph wurde klar, dass Catalina ihn von zu Hause weglocken sollte,
sie wollte nichts von ihm, sie sollte ihn nur "beschäftigen", dass Egon und der Andere in Ruhe sein Haus durchstöbern konnte.
Aber was wollten sie und warum interessierte sie auf einmal der Brief?
"Was wollt ihr von mir? Lasst meine Freunde da raus!"
"Das wirst du noch erfahren."
Egon las den Brief und ein Ausdruck von Überraschung legte sich auf sein Gesicht.
"Der Rushkov hat ihn auch entdeckt! Was machen wir jetzt?"