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Freitag, 6. Oktober 2006, 09:42

Airbus redet sich schlecht

Airbus redet sich schlecht


Airbus und damit Mutterkonzern EADS haben fraglos ein Problem. Das heißt A380. Die Lage ist jedoch nach Ansicht von Branchenkennern bei weitem nicht so schlimm, wie die Konzernchefs sie seit Tagen schildern. Die Manager reden demnach ihr eigenes Unternehmen mit Absicht schlecht – und haben dafür einen guten Grund.


mwb STUTTGART. Der Flugzeughersteller Airbus hat mit den Pannen und Verzögerungen beim Großraumflugzeug A380 den Mutterkonzern EADS in eine tiefe Krise gestürzt. Um sich Spielraum auch für längst überfällige strukturelle Veränderungen der Produktion bei Airbus zu verschaffen, schildern Airbus-Chef Christian Streiff und EADS-Chef Tom Enders die Lage düster – zu düster, wie Analysten meinen. Besonders Streiff mit seiner Analyse, Airbus werde mehr als ein Jahrzehnt brauchen, um US-Konkurrent Boeing in der Produktentwicklung einzuholen, stößt bei den Experten auf Skepsis.

„Zehn Jahre erscheint mir als Zeitraum weit gefasst zu sein“, sagt Luftfahrtexperte Stefan Halter von der Hypo-Vereinsbank. Ein Blick auf die einzelnen Marktsegmente gebe mehr Aufschluss. Danach sieht der Analyst Airbus nur beim Langstreckensegment mit der A350 vier bis fünf Jahre im Hintertreffen. Mit dem Großraumflugzeug A380 liege Airbus trotz der jetzigen Verzögerung deutlich vor den Amerikanern. Und bei der nächsten Generation der Mittelstreckenflugzeuge lägen die beiden Kontrahenten gleichauf.

„Nach unserer Auffassung hat nun das neue Airbus-Management für alle Eventualitäten vorgesorgt“, sagt Stefan Maichl von der LBBW. Der Airbus-Mutterkonzern EADS hat eine weitere Lieferverzögerung beim A380 um durchschnittlich ein Jahr angekündigt. Um Gewinneinbußen auszugleichen und auf den schwachen Dollar-Kurs zu reagieren, hat das Unternehmen ein neues Sparprogramm über 2 Mrd. Euro angekündigt. In der Branche wird spekuliert, dass die Fertigungsanteile für die doppelstöckige A380 von Hamburg nach Toulouse verlagert werden könnten. Im Gegenzug könnte die Montage der kleineren A320 der Hansestadt zugeschlagen werden.

Politisch sensible Themen

Entscheidungen sind noch nicht gefallen. Branchenexperten ist aber klar, dass das Management Airbus von Grund auf neu aufstellen will. Der bislang praktizierte aufwendige Transport von Rumpfteilen zwischen Hamburg und Toulouse teilweise über die Straße ist nicht dazu geeignet, verlorene Zeit aufzuholen. Der nach dem Länderproporz austarierte komplizierte Fertigungsverbund an 16 Standorten und auch die Fertigungstiefe stehen auf dem Prüfstand. Diese Themen seien in dem vor sechs Jahren gegründeten französischen, deutschen und spanischen Unternehmen früher tabu gewesen, weil sie national oder politisch sensitiv gewesen seien, sagte EADS-Chef Tom Enders.

Am Langstreckenflugzeug A350 will Airbus festhalten, doch könnte sich der Programmstart weiter verzögern. Enders will erst Kapazitäten und Ressourcen und vor allem die Wechselwirkung mit den zusätzlichen Belastungen durch die A380 genau untersuchen. Branchenexperten halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass Airbus die neue Version der A350 ganz streicht und das mit einem Marktanteil von 40 Prozent größte Marktsegment der Langstreckenflugzeuge kampflos dem amerikanischen Konkurrenten überlässt. Entsprechendes hatte Enders in einem Zeitungsinterview angedeutet.

Ärger droht dem Konzern aber auch noch von anderer Seite. Ein EADS-Aktionär hat wegen des Zeitpunktes der Bekanntgabe der A380-Lieferprobleme Schadenersatzklage beim Landgericht Frankfurt gegen das Unternehmen eingereicht. „Nach uns vorliegenden Informationen stand bereits am 25. Februar 2006 fest, dass es zu Lieferverzögerungen von mindestens 18 Monaten und damit einhergehenden Ergebniseinbrüchen in den Jahren 2006 bis 2010 kommen wird“, sagte der KlägerAnwalt Klaus Rotter. Diese Insidertatsache sei aber vollständig erst mit der Ad-hoc-Mitteilung vom 3. Oktober 2006 veröffentlicht worden. Aktionäre, die vom 25. Februar 2006 bis 3. Oktober 2006 Aktien von EADS gekauft haben, hätten einen deutlich niedrigeren Preis für ihre Papiere bezahlt, wenn EADS sofort die Insidertatsache veröffentlicht hätte, sagte Rotter. Der klagende EADS-Aktionär hatte laut Rotter am 30. März 2006 Aktien zu einem Preis von 34,35 Euro gekauft. Das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat bereits am Mittwoch Untersuchungen wegen möglichen Verstößen durch Insiderhandel und gegen die Ad-Hoc-Pflicht bei EADS angekündigt.

Hoffnungsträger im Konzern

Militärsparte: Die extreme Abhängigkeit vom zyklischen Flugzeugbau gilt als Kernproblem des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Seit Jahren versucht die Firma daher, dem weniger schwankungsanfälligen Rüstungsgeschäft mehr Gewicht zu geben. Ziel ist es, mittelfristig den Anteil des Militärgeschäfts am EADS-Umsatz von rund 34 Mrd. Euro auf ein Drittel zu steigern. Zum Durchbruch könnte es kommen, wenn EADS den Milliardenauftrag für Tankflugzeuge in den USA gewinnen würde.

Eurocopter: Erfolgreich ist der Konzern im Geschäft mit zivilen und militärischen Hubschraubern. So setzte sich die Konzerntochter Eurocopter im Juli bei einem Hubschrauberauftrag über drei Mrd. Dollar gegen die US-Konkurrenz durch.

Raumfahrt: In der schwierigen Branche hat EADS gezeigt, dass es eine jahrelang defizitäre Sparte neu aufstellen kann. Vor allem das satellitengestützte Navigationssystem Galileo dürfte das Geschäft weiter beflügeln.

Quelle: Handelsblatt