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361

Freitag, 19. Dezember 2014, 12:58

Ohne dir zu nahe treten zu wollen, aber da fehlt es wohl am Hintergrundwissen.

Aber darauf habe ich ja auch hingewiesen, dass ich keine Ahnung habe. Aber irgend etwas ist nun mal falsch gelaufen, sonst hätte es diesen Unfall u. das, schon für einen Feierabend-Flusi-Gamer unverständliche Verhalten der Piloten, ja gar nicht erst gegeben. Wenn ihr nun alle meine mit :?: versehenen Versuche einer Erklärung entkräftet habt, erwarte ich aber auch, eine für Leute ohne Hintergrundwissen, verständliche Erklärung. :help:
Rolf-Uwe
unter dem Anflug EDDC 04, Dresden-Trachau

362

Freitag, 19. Dezember 2014, 14:09

Karl ,vielen Dank für Deine fachlich fundierten Ausführungen.
Zur Ausbildung der Piloten ist generell noch zu sagen, daß sie ja z.B. in Phenix/Arizona (LH) das Fliegen auf kleineren Fliegern bis zum Erbrechen lernen und das A... Gefühl mit Sicherheit vermittelt bekommen. Auch anschließend in Deutschland geht es eine ganze Weile auf 2-Mots bevor man irgendwann mal auf die "Großen" kommt.
Vielleicht interessiert mein Aufenhalt im SIM um zu sehen was da alles so geprüft wird wobei hier nur ein Auszug von Möglichkeiten verlangt wurde, beim nächsten sind z.B. Low-Vis-Landungen Hauptbestandteil, es ist also ein ständiges Üben.
Bezüglich Crew-Management: Einige Dinge dürfen z.B. nur mit Zustimmung beider Piloten vollzogen werden, z.B. Abschießen des Fire-Handlings.
Wie Karl schon ausführte, in Wolken oder dunkler Nacht gibt es kein A..Gefühl mehr, da sind die Instrumente gefragt, siehe hierzu den folgenden Beitrag SPATIAL DISORIENTATION.

5 Stunden dabei im Full-Simulator


Nach mehreren JUMP-SEAT-Flügen konnte ich
nun einen weiteren Höhepunkt erleben: Ich durfte beim REFRESHER einer
Crew ca. 5 Stunden im A-320 Fullsimulator in Berlin dabei sein, auch das
Vor- und Nachbriefing im Briefingraum gehörte dazu.

Mein Bekannter, Check-Kapitän auf A-320 und für die Durchführung des
REFRESHER verantwortlich, hatte das Einverständnis der Crew vorher
eingeholt. Das ist nicht selbstverständlich, da die Crew ja unter
ziemlicher Anspannung steht und 5 Stunden lang hochkonzentriert Dinge
abarbeiten muß, die normal kaum vorkommen.





REFRESHER,

Teil 1: Airport- Familiarisation SPC (La Palma-Kanaren)

Ziel der Übung war den Airport La Palma (SPC) und seine Anflugverfahren
in allen Variationen zu trainieren. Die anwesenden Piloten bezeichneten
La Palma wegen seiner Lage und der Windphänomene als sehr tückisch, mehr
noch als Funchal-Madeira. Beide Kapitäne führten aus, dass der Wind auf
allen Kanaren immer eine Rolle spielt und stets für eine Überaschung
gut ist, z.B. wenn er in 50 Fuß plötzlich aus gegenläufiger Richtung
kommt und kurz vor touch-down wieder wechselt.

Auf La Palma gibt es lediglich einen NDB-Approach und beide Runways
haben Berge im Anflugsektor. Der Wind kommt dabei aus den angrenzenden
Bergen und wechselt nicht selten die Richtung.

Ausgiebig geübt wurden von beiden Piloten der Letdown-Approach auf die
01 und ganz besonders das Circle-Landing auf die 19 welches sehr
anspruchsvoll ist, besonders wenn die Wetterbedingungen grenzwertig
sind.

Es folgten diverse Take-Offs mit Engine-failure before V1 mit
Startabbruch und after ROTATE mit Weiterflug und sofortiger Landung mit
nur einemTriebwerk.

Danach folgten STALL- Übungen in Flight Level 100. Ziel war es einen
STALL zu beherrschen und die dafür erforderlichen Procedures zu üben,
dabei wurde im DIRECT-LAW mit Throttle-Stellung 40% der STALL
provoziert. DIREKT LAW deshalb weil im NORMAL-LAW der Airbus ja
automatisch reagieren und korrigieren würde. Der Airbus hat ja keinen
Stick-Shaker sondern es erfolgt der System-Ausruf STALL. Die korrekte
Reaktion der Crew ist sofortiges Nose-down bis der STALL aufgehoben ist,
dann vorsichtiges Gas geben um keinen Secondary- STALL zu verursachen.
Dieses wurde auch im Kurvenflug geübt. Hier ist es wichtig zunächst
auszuleveln und erst dann die Nase nach unten zu nehmen, ggf. können
auch die flaps gefahren werden um mehr Auftrieb zu bekommen.

Der Weiterflug und die Landung aus dieser Übung heraus erfolgte immer
noch im DIRECT LAW um der Crew demonstrativ zu vergegenwärtigen,
dass jetzt der Airbus nicht mehr automatisch trimmt sondern der Pilot
dieses mittels des Trimmrades machen muss. Außerdem dürfen im DIREKT LAW
bei der Landung die Flaps nur bis Stufe 3 gefahren werden.




Der anspruchsvollste Teil des REFRESHER war die SMOKE-Übung.

Nach dem Start auf Runway 01 in La Palma mit erheblichen, vom
Check-Kapitän eingegebene, Windshears ( Throttle sofort wieder auf TOGA)
wurde in FL 100 ein Smoke-Scenario eingespielt. In das Cockpit drang
dichter Rauch, die Piloten setzten sofort die Masken auf, die Sicht war
ziemlich eingeschränkt. Zielvorgabe war eine schnelle Landung auf einer
der Inseln. Entscheidung der Crew auf Grundlage von „FORDEC-Time
critical“ (Facts, Options, Risk/Benefits,Decision, Execution, Check):
Wegen der schwierigen Anflugbedingungen und der kurzen RWY schied La
Palma sofort aus zumal es eine Overweight-Landing mit TOW 74to sein
würde.

Man entschied sich sofort für Teneriffa Süd. Aufgrund der kurzen
Flugzeit dahin ( ca. 20 Minuten) verzichtete man auch auf die
Abarbeitung der Smoke and Fire-Procedure da die beiden alle Hände voll
zu tun hatten sich auf die Landung vorzubereiten und das mit Masken und
vernebeltem Cockpit. Es wurde mit der Taschenlampe im Overhead nach
Schaltern gesucht. Natürlich wurde der Notfall deklariert und in
Teneriffa wurde alles in Bereitschaft versetzt. Bei der Landung in
Teneriffa wurden vom Checker noch mal ziemlich heftige Turbulenzen
eingespielt- einmal war die Bahn links, dann wieder rechts- aber die
Crew erledigte dieses schwierige Manöver bis zum Landung hervorragend.




Teil 2

SPATIAL DISORIENTATION (Räumliche Disorientierung)

Die ist wohl kein unbekanntes Thema und es hat auch schon einen Unfall gegeben.

Man unterscheidet 3 Arten von Spatial Disorientation:

1.Type I (unrecogniced): Die Fehlorientierung wird nicht bemerkt.
Typisch dafür ist der „Black Hole Approach“ aufgrund fehlender
Höhen-/Tiefenwahrnehmung.

2. Type II (recogniced): Der Pilot merkt, daß etwas nicht stimmt,
korrigiert die Lage des Flugzeugs aber nicht weil er von einer
Fehlfunktion der Instrumente oder der Steuerung, nicht aber seiner Sinne
ausgeht- so vermutlich auch bei dem beschriebenen Unfall geschehen.

3. Type III (incapacitating): Die Fehlorientierung ist so überwältigend,
dass der Pilot sich nicht dagegen wehren kann obwohl er sich darüber im
klaren ist, dass ihn seine Sinne täuschen.

Metereologische Faktoren die FD begünstigen:

Nebel, Dunkelheit, wenig Konturen (Meer,Eis)

Physiologische Faktoren: Krankheit, Müdigkeit, großer Stress, Überaschungsmoment, Erschöpfung.

Wirkliche SD läßt sich im Simulator nicht erzeugen, es wurden aber
einige ineinander aufbauende Übungen als Eskalationsleiter absolviert um
sich diesem Thema zu nähern, u.a. wurden mehrere STEEP TURNS geflogen,
das sind Vollkreise mit Bank 45° in beiden Richtungen.

Ziel dieses Übungsabschnitts war: Beim Erkennen von solchen Situationen
muß der „Pilot not flying“ den Mut haben sofort die Kontrolle mit „My
Controll“ und der Sperrung des Side-Sticks des Kollegen den Flieger zu
übernehmen.

Es gibt diverse Interpersonelle, Procedurale und techische Abwehrstrategien um eine SD möglichst auszuschließen.

Siehe hierzu auch: http://www.dr-traut.de/html/disorientierung.html

In der Pause war ich dran: Take off Hannover 27R , Platzrunde, Landung
wieder auf 27R. Zu meinem Leidwesen schaute die Crew schaute dabei zu,
natürlich mit Bemerkungen wie „jetzt erwarten wir aber eine saubere
Landung“.

So ein Flug im Fullsim ist wirklich immer wieder beeindruckend vor allem
weil durch die Full-Motion auch die Bewegungen wie beim echten Flug zu
spüren sind. Es war mein 4. Fullsimflug, allerdings der erste auf
Airbus. Ich flog nach Flightdirektor und nach der Gewöhnung an den Stick
( spezielle Airbus- Philosophie) klappte es ganz gut, die Landung war
allerdings ziemlich ruppig, das Flaren ist doch ziemlich wichtig und
fiel der Anspannung zum Opfer. Es kommt alles so schnell hintereinander
auf einen zu: Throttle auf Idle, flaren, mit dem Rudder die Linie
halten und gleichzeitig mit den Fußspitzen bremsen, Reverser Off.

Der Simulator-Aufenthalt war wieder ein tolles Erlebnis weil ständig
etwas passiert was nicht normal ist und man gespannt ist wie die Crew
mit diesen Herausforderungen fertig wird. Ich saß hinter der Crew direkt
neben dem Check-Kapitän und er informierte mich immer leise welche
Herausforderung er als nächstes über seine beiden touch-screen-Monitore
einspielen würde. Im Simulator sitzt man angeschnallt weil es natürlich
richtig schaukelt wenn Windshears und Turbulenzen eingegeben werden.

Es ist sehr beruhigend, dass die Airlines durch solche REFRESHER den
Ausbildungsstand ihrer Crews qualitativ hoch und immer auf dem neuesten
Stand halten.

Gruß
Rolf

Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von »Rolf« (20. Dezember 2014, 10:41)