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Donnerstag, 30. August 2012, 10:51

Flughafen als Billig-Jobmaschine

Gewerkschaften kritisieren Zunahme von Leiharbeit und befristeter Beschäftigung in Schönefeld und Tegel

SCHÖNEFELD - Auch wenn das derzeitige Eröffnungs-Desaster es verdeckt, die Erwartungen an den neuen Großflughafen in Schönefeld (Dahme-Spreewald) als Jobmaschine für die Region sind hoch. Bei den Gewerkschaften ist der Flughafen dagegen inzwischen als Experimentierfeld für Billigjobs verschrien.

Leiharbeit und befristete Beschäftigung breiteten sich schon jetzt auf den beiden bestehenden Flughäfen Schönefeld und Berlin-Tegel aus, sagte Doro Zinke, Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds Berlin-Brandenburg, gestern in Schönefeld auf einer Tagung der Gewerkschaft Verdi. Mit dem neuen Großflughafen könnte sich das noch verstärken. „Kein einziges der Unternehmen, die bei der Ausschreibung von Catering und Restaurants zum Zuge gekommen ist, hat einen Tarifvertrag, kein einziges einen Betriebsrat“, berichtete Zinke.

Beim Wachstum im Luftverkehr setze man ganz auf billige Arbeitskräfte, sagte Holger Rößler von Verdi. „Leiharbeit hat enorm zugenommen und verdrängt reguläre Beschäftigung immer mehr“, berichtete er. Selbst in der Luft ist die Welt aus Sicht der Gewerkschaften nicht mehr in Ordnung. So streikt bei der Lufthansa gerade die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo gegen den Einsatz von Leiharbeit. Beim Bodenpersonal sind unsichere Arbeitsverhältnisse schon weit verbreitet. Beim Berliner Bodenabfertiger Globe Ground, der zum Wisag-Konzern gehört, würden Neueinstellungen inzwischen praktisch nur noch über die Leiharbeits-Tochter Wisag Airport Personal Service vorgenommen, berichtete Max Bitzer von Verdi. „Derzeit gibt es beim Bodenpersonal noch mehr Stammbeschäftigte als Leiharbeiter, in zehn Jahren wird das Verhältnis umgekehrt sein“, sagte Bitzer. Mit Stundenlöhnen von 8,22 Euro reiche das Geld bei vielen Leiharbeitern kaum zum Leben. Hinzu kämen teils ungünstige Dienstpläne mit Arbeit auf Abruf.

Die Gewerkschafter wollen die aus ihrer Sicht skandalösen Bedingungen nicht hinnehmen, das bekräftigten sie gestern in einer „Schönefelder Erklärung“. Auch juristisch soll gegen Leiharbeit vorgegangen werden. Wenn für dauerhaft anfallende Arbeiten Leihpersonal eingesetzt werde, könne man das anfechten, sagte Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler und verwies auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus.

Vom Land Brandenburg fühlen sich die Gewerkschaften allein gelassen. Um die Arbeitsbedingungen am Flughafen habe sich die Landesregierung kaum gekümmert, sagte Zinke. Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) lässt das nicht gelten. „Die Jobmaschine BER darf selbstverständlich kein Billiglohnland werden“, sagte er der MAZ. Das Land könne aber für den Flughafen keine Löhne festlegen, weder für die Flughafengesellschaft noch für die verschiedenen Dienstleister.

Schlimmer noch als beim Flughafenbetrieb waren laut DGB die Bedingungen für viele Arbeiter auf der Flughafenbaustelle. Vor allem osteuropäische Bauarbeiter seien dort in Scheinselbstständigkeit gedrängt und „nach Strich und Faden betrogen“ worden, so Doro Zinke. Der DGB Berlin-Brandenburg unterhält für diese ausländischen Arbeitskräfte eine Beratungsstelle, die vom Berliner Senat gefördert wird. Aus Brandenburg sei trotz Nachfrage keine Hilfe gekommen, klagte Zinke. Im Arbeitsministerium zeigt man sich verwundert. Eine Unterstützung sei für das Land Brandenburg rechtlich unmöglich, weil bereits zwei Beratungsbüros der Arbeitsagentur mit gleicher Zielrichtung finanziert würden. Das habe man dem DGB schon vor Wochen gesagt.

Quelle: Märkische Allgemeine


:thumbdown:

2

Donnerstag, 30. August 2012, 10:54

Ist leider immer schlimmer geworden. Ich kannte Handlingsfirmen schon vor zehn Jahren, die haben nach der gewonnenen Ausschreibung im Rahmen des Outsourcings verschiedener Dienste den Leuten 7 €/h gezahlt und die Wartezeit zwischen den Maschinen wurde nicht bezahlt.
Jetzt wird anscheinend die nächste Stufe gezündet....... :banghead:

"When my time on Earth is gone, and my activities here are past, I want they bury me upside down, and my critics can kiss my ass."Bob Knight

Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety.."
(Benjamin Franklin)

3

Donnerstag, 30. August 2012, 12:11

Schwachsinn der Politik - man könnte da einen Riegel vorschieben indem man Leiharbeit einfach für ungesetzlich erklärt, weil das ganze Geschäftsmodell der Leiharbeitsfirmen baut darauf auf daß man das Arbeitsrecht für den letztendlichen Arbeitgeber elegant umschifft. Das könnte man gesetzlich ganz einfach in den Griff kriegen. Aber man will es nicht. Weil da kommt dann wieder das Geraunze von wegen "Der Wirtschaftsstandort muss attraktiv bleiben!". Übersetzt heisst das so viel "Man muss für Ausbeuter einladend bleiben!" Aber Klartext reden wird einem ja in allen im Rampenlicht stehenden Jobs explizit abtrainiert - man könnte ja Gefahr laufen ehrlich zu sein und sogar noch vom Publikum verstanden zu werden... :weg:
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hasegawa

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4

Donnerstag, 30. August 2012, 12:15

Da das ja "bei mir vor der Haustür" ist, möchte ich das nicht komentieren, denn ich wäre nicht unparteiisch. Allerdings muss ich bestätigen, das der Artikel der "Märkischen Allgemeinen" sauber recherschiert ist und nur die Spitze des Eisberges aufdeckt. Besonders betroffen macht einen hier die Rolle der Regierung in Brandenburg, die ja aus "Sozialdemokraten" und "Linken" besteht. Es ist ein schlagender Beweis dafür, wie diese beiden Parteien, die sich gern als "Parteien des kleinen Mannes und der sozial Schwachenen " verkaufen, sich im Zweifelsfall wirklich betätigen. Mehr möchte ich dem lieber nicht hinzufügen.
Andreas R. Schmidt
Potsdam und Riga

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »hasegawa« (30. August 2012, 12:21)


5

Donnerstag, 30. August 2012, 12:59

Schwachsinn der Politik - man könnte da einen Riegel vorschieben indem man Leiharbeit einfach für ungesetzlich erklärt, weil das ganze Geschäftsmodell der Leiharbeitsfirmen baut darauf auf daß man das Arbeitsrecht für den letztendlichen Arbeitgeber elegant umschifft


Das wird nie geschehen, denn wenn man mal genau hinterfragt, wer der "Politik" sagt wo es lang geht, kann sich die Antwort selbst geben warum.
Geht doch wie überall, nur noch um Gewinnmaximierung, :opi: damit ein paar sich die Taschen voll stopfen können. :angryfire:

Dieses Verhalten, zieht sich doch quer durch die meisten Länder und durch alle Brachen. ;(

Die Frage ist, wie lange lassen sich das die "Arbeitsbienen" noch gefallen? :achtung:

Viele Grüße

6

Donnerstag, 30. August 2012, 14:22

Seit Jahren geht das so, in allen Branchen! Niemand führt sich mehr deshalb auf. das Thema schlägt halt grad hoch, weil der Flughafen sowieso in den (Negativ) Schlagzeilen steht.
Ih will das Thema nicht runterspielen, auf keinen Fall. Bin ja selbst etwas betroffen.
Man brauch sich doch nur mal die großen deutschen Autobauer anschauen und mal fragen, wer am Band denn alles fest angestellt ist. Oder bei Airbus, EADS allgemein. Das Prinzip ist für die Unternehmen ja einfach: Die Leiharbeiter kosten zwar mehr Geld (wobei der Arbeiter selber davon nur einen Bruchteil bekommt, das meiste sacken die Leihfirmen ein), muss aber weder im Krankheitsfall noch während des Urlaubs bezahlt werden. Das muss dann wieder die Leihfirma übernehmen. Und wenn die Auftragslage mal bescheiden ist, kann ich die Leute ohne schlechtes Gewissen vor die Tür setzen.

Die Gewerkschafter wollen die aus ihrer Sicht skandalösen Bedingungen nicht hinnehmen, das bekräftigten sie gestern in einer ?Schönefelder Erklärung?. Auch juristisch soll gegen Leiharbeit vorgegangen werden. Wenn für dauerhaft anfallende Arbeiten Leihpersonal eingesetzt werde, könne man das anfechten, sagte Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler und verwies auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus.


Wie gesagt, seit Jahren geht das so, niemanden interessierts. Und die Gewerkschaften reißen auch nur den Mund auf, und zeigen mit dem Finger drauf. Ausrichten können sie doch nicht viel. Selbst wenn die erreichen, dass jemand nach, sagen wir 2 Jahren auf dem gleichen Posten, fest eingestellt werden muss, wird das nie soweit kommen, bzw. in den wenigsten Fällen. Da werden die Leute vor Ablauf der Frist eben für 4 Wochen in den Urlaub geschickt und dann wieder geholt. Das praktiziert man doch öfters mal. Und was glauben denn die hiesigen Politiker welcher Leiharbeiter irgendwas anfechtet? Jeder ist doch froh überhaupt einen Job zu haben! Wobei das allerdings nicht mehr als moderne Sklaverei ist. Nur das die heutigen Sklaven nicht mehr in Naturalien wie Nahrung und Unterkunft abgespeist werden, sondern "Geld" verdienen!
Aber das ist ein Thema über das ich mich Seitenlang auslassen könnte. So lange man die Leiharbeit nicht untersagt oder wirklich die Gesetze und dann aber auch die Kontrollen extrem verschärft, wird sich nie was ändern und es wird noch schlimmer werden. Denn in einem Großunternehmen belaufen sich die Quoten der Leiharbeiter unter Umständen schon auf mehr als 40%!
Servus
Michael

DIDL

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Donnerstag, 30. August 2012, 18:16

In den 70 Jahren wurde doch in den Hochschulen die Gewinnmaximierung als heiliger Gral der Wirtschaft gepredigt. Die Studenten von damals sitzen heute in den Aufsichtsräten und sind nach wie vor Verfechter dieser Theorie. Und wenn es dann mit der Maximierung doch nicht ganz klappt, kann man ja noch Gelder beim Staat einfordern. Das Druckmittel Arbeitsplätze wirkt Wunder. Kleine Gehälter bezahlen und teure Waren verkaufen wollen passt nun einmal nicht zusammen. Aber der Deutsche ist ja Untertan und wird sich so lange nicht beschweren bis das Kind vollständig im Brunnen liegt. Solange es ein globales Sozialgefälle gibt wird sich an den Struktuern auch nichts ändern, es sei denn es rollen wieder Köpfe wie in Frankreich zur Zeit der Revolution. Aber auch die haben heute wieder das gleiche System wie wir alle. :pfeif:
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Gerhard

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Donnerstag, 30. August 2012, 19:18

Arbeitskräfteüberlassung in Österreich

Es gibt einen Kollektivvertrag Arbeitskräfteüberlassung. Dieser ist dem KV Metallindustrie sehr ähnlich. Er legt fest, dass die Bezahlung für jede Überlassung nach dem KV Arbeitskräfteüberlassung und nach dem KV des Beschäftigers (= die Firma, in der der Zeitarbeiter arbeitet) zu ermitteln ist. Der höhere Lohn ist zu zahlen. Das bedeutet, dass zB ein Tischler als Zeitarbeiter ca 20 % mehr verdient als wenn er direkt in einer Tischlerei sein Dienstverhältnis hat. Urlaub und Sonderzahlungen (Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration) gebühren in gleicher Höhe wie in der Metallindustrie (auch da steigt der Tischler als Zeitarbeiter teilweise besser aus).

Natürlich gibt es auch unter den Arbeitskräfteüberlassern schwarze Schafe, die ihren Mitarbeitern einen Teil des Lohnes vorenthalten. Zeitarbeiter sind dem aber keineswegs wehrlos ausgeliefert: einfach mit Auszahlungsnachweisen und Aufzeichnungen der geleisteten Stunden zur Arbeiterkammer gehen, die kostenfrei feststellt, ob Teile des Lohnes fehlen. Wenn der Lohn nicht in vollem Anspruch bezahlt wurde urgiert die Arbeiterkammer per Brief und danach durch Klage beim Arbeitsgericht, das in Österreich traditionell sehr arbeitnehmerfreundlich urteilt. Die Nachforderung von Lohn ist bis zu 3 Jahren in die Vergangenheit möglich.

Arbeitskräfteüberlassung ist auch keineswegs eine einfache Tätigkeit, bei der man sich auf Kosten der unterbezahlten Mitarbeiter ein goldene Nase verdient. Typischerweise wird pro Stunde ein Deckungsbeitrag von 2 bis 3 Euro erziehlt. Von diesem Deckungsbeitrag sind erst einmal die Gemeinkosten wie Büromiete, interne Angestellte, EDV, Telefon usw zu bestreiten. FAlls etwas überbleibt, ist das ein Rohgewinn, der je nach Gesellschaftsform des Unternehmes noch zu versteuern ist. Und danach bleibt im günstigen Fall ein Gewinn. Das Risiko ist ziemlich groß, weil einerseits durch Kunden, die nicht bezahlen können, und durch Mitarbeiter, die sich mutwillig krankschreiben lassen, leicht Ausfälle entstehen, die den gesamten Ertrag auffressen. Wenn nur einige Prozente des Umsatzes nicht bezahlt werden oder die Mitarbeiter im Mittel mehr als eine Woche im Jahr krank sind, ist es kaum noch möglich, einen Gewinn zu erzielen.

In dieser Branche gibt es einen starken Wettbewerb, der dazu führt, dass es schwierig ist, zu kaufmännisch korrekt kalkulierten Preisen zu verkaufen. Vielfach sind Arbeitskräfteüberlasser gezwungen, zu sogenannten marktüblichen Preisen zu verkaufen, die eigentlich um 2 bis 3 € pro Stunde zu niedrig sind.

Wenn jemand autochthoner Österreicher und ein tüchtiger Facharbeiter ist, der kann bei einem Arbeitskräfteüberlasser arbeiten, zum Beispiel weil er berufliche Abwechslung liebt, aber er muss nicht, weil er leicht eine fixe Stelle finden wird. Etwas anders ist es bei Arbeitern, die durch dünklere Hautfarbe und mangelhaftes Deutsch nicht so leicht eine fixe Anstellung finden. Ebenso jene, die nicht so leistungsfähig sind. Für die ist Zeitarbeit eine Chance, überhaupt in die Arbeitswelt zu kommen. Denn Arbeitskräfteüberlasser sind meist weniger wählerisch als andere Firmen und geben fast Jedem eine Chance. Wer sie nützt und sich als feleissig und tüchtig zeigt wird oft vom Beschäftigerbetrieb nach einigen Monaten übernommen. Aber auch die Arbeitskräfteüberlasser behandeln ihre besten Mitarbeiter pfleglicher als Faulenzer.

Bevor man unüberlegt ein Verbot der Zeitarbeit fordert sollte man einmal mit einigen Zeitarbeitern sprechen. Die meisten von ihnen würden gerne mehr verdienen (wer möchte das nicht?), aber sind gleichzeitig froh, dass sie Arbeit haben und nicht arbeitslos sind.

Schließlich steht es auch jedem frei, die ach so bösen Arbeitskräfteüberlasser zu beschämen, in dem man selbst so eine Firma gründet und ganz sozial agiert:
.) den Mitarbeitern deutlich mehr als Kollektivvertrag bezahlt
.) nicht nur die Tüchtigsten behält, sondern auch die Faulen, Unzuverlässigen, Alkoholsüchtigen, chronisch Kranken usw
.) wenn zB in einerm Jahr der Rezession weniger Umsatz gemacht werden kann wird Niemand gekündigt. Die Löhne der Untätigen zahlt der Unternehmer mit Freude von seinem privaten Geld.
Ich weiß (und kann das auch mit seriösen Kalkulationen beweisen!), dass dieses Experiment - je nach Gründungskapital - schon nach wenigen Wochen bis Monaten vor dem Konkursrichter enden würde.

Die Vergleiche mit Sklaven sind völlig unangebracht, denn ein Sklave konnte seinen Dienstgeber nicht wechseln bzw. musste sich freikaufen. Jeder Zeitarbeiter kann an jedem Tag die Arbeit beim Arbeitskräfteüberlasser beenden und einer angenehmeren oder besser bezahlten Tätigkeit nachzugehen.

:bier:
Gruß Gerhard
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Donnerstag, 30. August 2012, 19:31


.) nicht nur die Tüchtigsten behält, sondern auch die Faulen, Unzuverlässigen, Alkoholsüchtigen, chronisch Kranken usw :bier:


In den Augen der vom Billiglohn Betroffenen wirken solche Sätze wie Pfeffer in den Augen Gerhard, aber du diskutierst ja gern kontrovers. Die vom Gesetzgeber geschaffenen Arbeitnehmerrechte waren und sind schon sehr sinnvoll. Wenn man sie mit Zeitarbeitsfirmen auf Billiglohnniveau unterwandert finde ich das schon fast kriminell. Und jeder der als Arbeitnehmer in seinem Arbeitsverhältnis aufgrund bestimmter Produktionprozesse an Krebs erkrankt ist wird sich sicher über deine "aufmunternden Worte hinsichtlich der chronisch Kranken freuen". :nein:
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Gerhard

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Donnerstag, 30. August 2012, 19:56

@ Dietmar

Am schwersten haben es naturgemäß Menschen, die aus welchem Grund auch immer nur einen Teil der Leistung der Tüchtigen erbringen (können). Das kann bei Manchen deren Schuld sein, etwa weil sie faul oder unzuverlässig sind. Bei Anderen kann das auch ganz unverschuldet sein, zB durch (chronische) Krankheit bedingt.

Ich habe einen Freund, der seit vielen Jahren mit Krebs kämpft. Der hat Phasen, wo er vielleicht 50 % Leistung erbringen könnte, und dann wieder Phasen, in denen er gar keine Leistung bringen kann. Entsprechend ist er arbeitslos und wird vom Steuerzahler erhalten. Daran habe ich nichts auszusetzten. Und mein Freund wäre glücklich, wenn er als Gesunder voll arbeiten könnte und dürfte.

Also mir geht es wirklich nicht darum, bei Menschen mit schwerem Schicksal noch nachzutreten.

Die andere Seite ist, ich mit meinem kleinen Unternehmen könnte mir nicht leisten, jemand wie meinen Freund zu beschäftigen. Erst ab einer bestimmten Größe kann sich ein gut gehendes Unternehmen erlauben, Sozialfälle dauerhaft durch Lohnzahlungen zu unterstützen.

An Leuten, die darüber reden und schreiben, was man nicht alles tun sollte, herrscht ja auch kein Mangel. Im Gegenteil, die gibt es überreichlich. Seltener sind schon Jene, die selbst etwas tun. Du musst es hier ja nicht publizieren, aber stell Dir selbst die Frage, wie viele gehandicapte Taxilenker bei Dir fahren? Und wie viele davon Du noch dazu weit über Kollektivvertrag bezahlst?

Ich bin kein Arbeitskräfteüberlasser, aber ich habe berufsbedingt einen tiefen Einblick in diese Branche. Ich würde mir zutrauen, Zeitarbeiter über Kollektivvertrag zu bezahlen - allerdings nur die am besten qualifizierten und fleissigsten. Weil ich die auch zu höheren Preisen verkaufen kann. Aber auch die müsste ich - mit großem Bedauern - kündigen, wenn ich keine Überlassung für sie zu Stande bringe. Und eine Ansammlung der weniger Leistungsfähigen wäre auf der Dauer der sichere Konkurs, weil die Beschäftiger die entweder zurückschicken oder den Preis drücken. So sieht einfach die Realität aus - und von schönen, aber leeren Worten hat Niemand etwas. Bei zwei oder drei Firmen - übrigens alle mit Frauen als Inhaberin oder Geschäftsführerin - habe ich es miterlebt, wie ein mehr an sozialer Verantwortung und ein Weniger an Geschäftssinn schnurstracks in den Konkurs führte.

PS: in Österreich ist es nicht möglich, Zeitarbeitern weniger zu bezahlen als sie nach Kollektivvertrag erhalten würden, wenn sie ein Dienstverhältnis beim Beschäftiger hätten. Vielleicht ist das in Deutschland anders. Weiß da jemand Genaues?
Gruß Gerhard
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Donnerstag, 30. August 2012, 19:57

Wie eigentlich immer darf man auch die Zeitarbeitsfirmen nicht alle über einen Kamm scheren. Ich kenne etliche Leute - auch aus der eigenen Familie - die sich mit Hilfe von Zeitarbeit eine ganze Weile gut über Wasser gehalten haben. Dabei wurde seriös vermittelt und ordentlich gezahlt, es gab keine Beanstandungen.
Viele Grüße



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Donnerstag, 30. August 2012, 20:06

Mit Stundenlöhnen von 8,22 Euro reiche das Geld bei vielen Leiharbeitern kaum zum Leben. Hinzu kämen teils ungünstige Dienstpläne mit Arbeit auf Abruf.


Och. Man muss das ganze positiv sehen. Die verdienen immerhin 0,22 EUR pro Stude mehr, als ich für meine Airport Tätigkeit. :ironie:


"Der Mensch ist vielerlei. Aber vernünftig ist er nicht." - Oscar Wilde

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Donnerstag, 30. August 2012, 20:30

Du musst es hier ja nicht publizieren, aber stell Dir selbst die Frage, wie viele gehandicapte Taxilenker bei Dir fahren? Und wie viele davon Du noch dazu weit über Kollektivvertrag bezahlst?


Du hast in dieser Beziehung ja Recht Gerhard, auch ich könnte das nicht. Was aber bei Zeitarbeitsfirmen meiner Ansicht nach schief läuft ist der in der Regel geringere Verdienst gegenüber einem fest angestellten Arbeitnehmer, von Urlaubszeit und Lohnfortzahlung wollen wir gar nicht reden. Das ist aber auch ganz logisch, denn genau wie im Handel wird ja hier der Zeitarbeitsfirmenchef quasi als Grosshändler dazwischen geschaltet und der will ja auch noch etwas verdienen. Der Verlierer bei dieser Form der Arbeitsmarktgestaltung ist meines Erachtens der Staat und damit wir alle. Denn immer geringere Sozialabgaben fördern die Armut im Alter. Da muss dann die Gesellschaft wieder einspringen und das ist irgendwann einfach nicht mehr tragbar. Zeitarbeitsfirmen haben ja auch nur Konjunktur, weil Unternehmen flexibler Arbeitskräfte auf und abbauen können. Das hängt auch ein wenig mit den immer höheren Forderungen der Gewerkschaften zusammen. Früher haben Arbeitnehmer 48 Stunden gearbeitet, heute nur noch 34. Ich persönlich arbeite 60 Stunden die Woche und schwimme trotzdem nicht im Geld. Ein von mir angestellter Taxifahrer muss das natürlich auch, da er mit den Umsatz den er in 34 Stunden pro Woche erwirtschaften würde nicht einmal die minimalsten Kosten abdecken könnte, von Wohnungsmiete ganz zu schweigen. ;)
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Donnerstag, 30. August 2012, 20:52

Da scheint es einen Unterschied Deutschland - Österreich zu geben. Denn hierzulande gibt es folgende Gründe, Zeitarbeit in Anspruch zu nehmen:

.) kurzzeitige Einsätze zur Abdeckung von Auftragsspitzen, Ersatz für Urlaubende und Kranke.

.) Zeitarbeiter können nicht nur schneller gekündigt werden als Stammbelegschaft, es beeinträchtigt auch das Betriebsklima kaum. Weil es zwischen Stammbelegschaft und Zeitarbeitern wenig Solidarität gibt.

.) in großen Konzernen kommt gelegentlich ein CEO auf die Idee, dass es den Aktienkurs positiv beeinflusst, wenn er ankündigt, sich von 10 % der Angestellten zu trennen. Die Manager auf den unteren Ebenen müssen dann eben 10 % kündigen, obwohl sie diese Leute brauchen. Also füllen sie diese Lücke mit Zeitarbeitern auf, denn deren Kosten werden als Sachaufwand, nicht als Lohnkosten verbucht.

.) Firmen haben Saisonal unterschiedlichen Bedarf und nehmen zB für die Umsatzstarken Sommermonate lieber Zeitarbeiter als Mitarbeiter, die sie im Herbst nach 3 Monaten Dienstverhältnis kündigen müssten.

.) es gibt auch weniger seriöse Gründe, zB Unternehmen, die Probleme haben, die Löhne pünktlich zu zahlen und deshalb Zeitarbeiter beschäftigen, aber nicht oder nur teileweise und/oder verspätet die Rechnungen dafür bezahlen. Leidtragender ist da der Arbeitskräfteüberlasser, denn die Zeitarbeiter bekommen in Österreich ihren Lohn notfalls vom Insolvenzausgleichsfond, der Arbeitskräfteüberlasser aber geht in Konkurs!

Der Beschäftiger spart sich also in Österreich kein Geld, er minimiert nur sein Risiko (weil er Ausfälle wie Krankenstand, Hochzeit, Begräbnis, Übersiedlung usw nicht bezahlen muss) und er hat weniger bürokratischen Aufwand, weil er nur die Faktura des Arbeitskräfteüberlassers erhält, aber sich um An- und Abmeldung bei Sozialversicherung, Personalverrechnung, Auszahlung der Löhne, Akontos usw nicht kümmern muss.

Aber Eines ist in Deutschland und Österreich ungefähr gleich weit verbreitet: die bezüglich Zeitarbeit nicht besonders gut Informierten, die von Sklaverei reden und glauben, ein Verbot der Zeitarbeit würde zu einer heilen Welt führen. Ich halte das für naiv, weil es natürlich auch da wieder einfache Umgehungsmöglichkeiten gibt. Zum Beispiel man gründet eine Firma, die einige Gewerbeberechtigungen hat (zB alles, was mit Metall zu tun hat). In dieser Firma stellt man Leute ein, die dann Regiearbeiten (also Fakturierung je Stunde nach Aufwand) für andere Firmen ausführen. Ist pro forma keine Arbeitskräfteüberlassung, aber erfüllt den gleichen Zweck zum gleichen Preis mit den gleichen Vor- und Nachteilen für den Mitarbeiter. Das hat mich jetzt eine Minute Nachdenken gekostet, diese in Österreich rechtlich korrekte Lösung zu erfinden. Und wird diese Lösung nach ein paar Jahren auch verboten, denke ich halt noch einmal eine Minute nach, wohl wissend, dass es auf diesem Gebiet viel kreativere, aber auch viel rücksichtslosere Unternehmer als mich gibt.

PS: warum Zeitarbeit den Gewerkschaften so ein Dorn im Auge ist (auch dann, wenn die Bezahlung der Zeitarbeit ÜBER den fest angestellten liegt), kann ich euch auch erklären: der Grad der gewerkschaftlichen Organisation ist bei Zeitarbeitsfirmen unterdurchschnittlich. Den Gewerkschaftern geht es um weniger Beiträge, um weniger arbeitsfrei gestellte Betriebsräte, um weniger Macht. Schlaue Arbeitskräfteüberlasser ziehen ihren Mitarbeitern, die sie an große Firmen überlassen, noch ein paar Euro vom kärglichen Lohn ab und überweisen den gesammelten Betrag an den Betriebsratsfond des Beschäftigers. Und siehe da, der Herr Betriebsrat, der vor kurzem die Zeitarbeit noch so schrecklich fand, ist auf einmal ganz zufrieden! Mit einem Teil davon spielt er für die Arbeiter den Wohltäter und organisiert eine Weihnachtsfeier usw, den anderen Teil steckt er als Spesenersatz in die eigene Tasche, der Herr Gewerkschafter.
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15

Freitag, 31. August 2012, 05:00

Also ich kann Gerhard nur zustimmen!

Ich bin Froh das es Zeitarbeitsfirmen gibt, mit denen hab ich mich nach dem Präsenzdienst 1 Jahr lang nicht nur über Wasser gehalten sondern auch mehr verdient als Fix in dem jeweiligen Betrieb angestellt! :thumbsup:

grüsse aus LOLW :oesi:
Jürgen

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