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Sonntag, 29. November 2015, 18:41

Was ist der Cropfaktor - Erklärung

Der Cropfaktor, zu Deutsch einfach der Formatfaktor, ist das Verhältnis der unterschiedlichen Sensordiagonalen zueinander. Um das wenig wissenschaftlich und mehr praxisnah zu erklären lasse ich mal die physikalischen Formeln und Details außen vor, das verwirrt nur und ist im Prinzip auch völlig nebensächlich in der Fotografie

Was nützt das Wissen darum ?

Ein Cropfaktor/Formatfaktor hilft dem Nutzer einer oder mehrerer Kameras zunächst einmal bei der Beurteilung der Abhängigkeiten zwischen Bildwinkel, Brennweite, Blendenöffnung und vielen anderen zusammenhängenden physikalischen Eigenschaften.
So kann man anhand des Faktors schnell im Kopf berechnen oder überschlagen, wie die Bildwinkel oder Brennweite zum Motiv passt und wie scharf bzw. unscharf die Fotos an gewissen Stellen sein dürfen/sollen.

Wie steht das in Abhängigkeit ?

Die Sensorgröße steht im Zusammenhang mit der Länge der Diagonale. Der Faktor 1 ist quasi die Diagonale der Vollformat-Kamera, das bedeutet Crop 1 oder Formatfaktor 1. An dieser Größe orientieren sich die anderen Formate, das bedeutet dann bei der Diagonale von z.B. einer Kamera mit kleinerem Sensor, z.B. eine mit APS-C Sensor, eine kürzere Diagonale. Da diese Diagonale kürzer ist als die Diagonale der Vollformatkamera rechnet man mit einem Crop 1,5 oder Crop 1,6 und das deshalb, weil die Vollformatkamera eine 1.5 oder 1,6 fach längere Diagonale hat. Bei den Micro-Four-Thirds-Sensoren ist dieser Faktor bei 2,0 und somit ist die Diagonale exakt halb so lang wie die der Vollformatdiagonalen und wenn man nun das Mittelformat sieht, dann hat man einen Crop von etwa 0,6, das bedeutet dann, das die Diagonale der Vollformat nur 0,6 mal so lang ist wie die Diagonale der Mittelformat-Sensoren.

Hier mal eine Skizze, wo man die Abhängigkeiten sieht. Von oben nach unten gelesen ist das von "klein" nach "groß" von Crop 2.0 bei Micro-Four-Thirds über Crop 1,5 bei APS-C und Crop 1,0 bei Kleinbild bis zu Crop 0,6 bei Mittelformat:



Welchen Nutzen hat das in der Praxis?

Der Bildwinkel hängt in der Praxis vom Objektiv und dem Sensor ab. Steht man z.B. vor einer Kirche und hat eine Vollformatkamera in der Hand mit einem Objektiv mit 24mm Brennweite und schafft diese Kirche vom Bürgersteig bis zur Kirchturmspitze auf ein Foto zu bannen kann man daran umrechnen wie und welche Kamera mit anderem Cropfaktor das ebenfalls schaffen würde, exakt von dem Standort aus. Bei APS-C könnte man nun die 24mm durch den Cropfaktor 1,5 teiien, das wären dann 24mm : 1.5 = 16mm und deswegen kann man mit der Kamera mit dem kleineren APS-C-Sensor und einem 16mm Objektiv davon ausgehen, dass man eben dieses Motiv ebenfalls genau so ablichten kann. Das liegt im Wesentlichen daran, dass man hier den Bildwinkel erreicht hat, den die Vollformat-Kamera erreicht. Da wir grade beim Bildwinkel am der Kirche sind, eine Kamera mit Mittelformat-Sensor würde diese Kirche mit einem Objektiv mit 40mm Brennweite (24mm Kleinbild : Crop 0,6 = 40mm) im gleichen Bildwinkel aufnehmen und eine Micro-Four-Thirds-Kamera würde für diese Kirche mit 12mm Brennweite den gleichen Bildwinkel erzeugen (24mm Kleinbild : Crop 2,0 = 12mm).

Die Blende - Der Schärfebereich hängt auch in der Praxis vom Objektiv, bzw. von der Lichtstärke ab, die Lichtstärke ist die Lichtmenge, die das Objektiv bei vollständig geöffneter Blende zum Sensor bringen kann. Angegeben werden diese Werte als Blendewerte und es ist prozentual die Öffnung der Blende. Es gibt Objektive, die eine Blendenöffnung von 0,95 zur Verfügung stellen und es gibt Objektive, die bei Blende 2.8 anfangen. Die preiswerteren Objektive fangen meistens etwas höher an, z.B. ab Blende 3,5 und die Zoomobjektive liegen dann bei Anfangs und Endblende zwischen 3,5 und 5,6 - also ziemlich unterschiedlich im Angebot am Markt. Diese Unterschiede sieht man später dann als Eigenschaft bei besonders darauf ausgerichteten Motiven. Das betrifft zunächst mal die allgemeine Fotografie eher weniger. Das Beispiel mit der Kirche wäre dazu geeignet: Wenn nun jemand die Kirche mit 24mm bei Blende 2,8 fotografiert hat er im Ergebnis eventuell eine unscharfe Kirchturmspitze und eine gestochen scharfe Kirchentür, denn die Eigenschaft der Blende steht ja proportional zur Schärfe. Ist quasi wie mit dem menschlichen Auge - blinzelt man etwas wirkt alles schärfer - also schließt man dabei mit den Augenlidern das Auge soweit, wie die Blende bei der Kamera das auch erzeugt. Nutzt man nun die Vollformat-Kamera bei Blende 5,6 und hat die Kirche völlig scharf abgebildet wäre das ebenfalls umzurechnen auf andere Crop-Faktoren. Hier rechnet man exakt genau so, man teilt durch den Cropfaktor.
So ist eine Vollformat-Kamera mit 24mm und Blende 5,6 umgerechnet bei der gleichen Schärfentiefe einer Kamera mit APS-C Sensor bei 16mm und Blende 3,7 (Vollformat Blende 5,6 : 1,5 = Blende 3,7... ) und bei einer Micro-Four-Thirds KAmera mit 12mm Objektiv als gleichen Bildwinkel rechnet man sich die Blende von 2,8 aus (Vollformat Blende 5,6 : 2,0 = Blende 2,8 )
Dieser Effekt lässt sich auch genau umgekehrt betrachten, will man etwas unscharf darstellen und z.B. eine Taube auf dem Geländer der Aussichtsterrasse vom Airport scharf vor dem unscharf dargestellten Hintergrund mit Flugzeugen erreichen, dann schafft man das formatfüllend z.B. gerechnet mit Vollformat bei z.B. 50mm und Blende 2,8 (wenn die Taube quer zur Kamera sitzt) grade so mit der Schärfe ohne die Blende weiter zu schließen, dazu benötigt man dann umgerechnet bei der Kamera mit APS-C Sensor ein Objektiv mit etwa 35mm und etwa Blende 1,8 und das rechnet man dann wieder einfach per Crop als Teiler wie Vollformat Blende 2,8 : 1,5 = Blende 1,8 (solche Objektive baut Sigma z.B. mit dem ART-18-35 /F1.8)

Die ISO-Abhängigkeit ist ein selten beachteter Zusammenhang, denn hier steht in der Abhängigkeit der Lichtmenge zum Sensor auch der ISO-Wert. Dieser Wert definiert zunächst mal nur die klassische Filmempfindlichkeit und somit heute bei Digitalkameras die Sensorempfindlichkeit, die durch die Kameraelektronik eingestellt werden kann. Je höher dieser ISO-Wert liegt bei den Digitalkameras, je stärker werden die durch Licht erzeugten Sensordaten elektronisch verstärkt, je mehr werden diese verstärkten Signale unsauber im Ergebnis und das resultiert dann in Bildrauschen bzw. in Farbrauschen und Helligkeitsrauschen (Chrominanz- & Luminanzrauschen) So gesehen ist eine hohe ISO nicht optimal und man muss auch hier wissen, wie die Abhängigkeiten sind. Würde man bei eienr Vollformat-Kamera mit ISO 400 fotografieren müssen kann man auch hier umrechnen wie die Abhängigkeiten zu den anderen Formaten wären. Bei dieser Umrechnung multipliziert man den Cropfaktor mit sich selbst als Teiler - bedeutet dann bei Vollformat ISO 400 : 2,25 (Crop APS-C 1,5 x 1,5=2,25 ) = ISO177 - bei dieser Umrechnung kommt es dann zu recht krummen ISO-Werten und man rundet halt auf die nächste ISO-Stufe der jeweiligen Kamera, hier z.B. ISO180 oder ISO160 oder sonstwas.

Welche weiteren Abhängigkeiten gibt es?

Wenige weitere Abhängigkeiten sind z.B. die maximal verfügbare Brennweite bzw. die maximal verfügbare Lichtstärke und das maximal vorhandene finanzielle Mittel zur Fotografie. Wer also in der Natur ein Tier fotografieren möchte wofür man 900 Millimeter Brennweite benötigen würde bei der Vollformat-Kamera um das formatfüllend abzulichten käme man bei der APS-C-Kamera mit 600mm aus (Vollformat 900mm : APS-C Crop 1,5 = 600mm) und bei der Micro-Four-Thirds-Kamera mit 450mm aus (Vollformat 900mm : Micro-Four-Thirds Crop 2,0 = 450mm) und somit steht man vor der Wahl nicht nur bei der Verfügbarkeit, sondern auch bei der finanziellen Seite. Ein Tamron 150-600mm Objektiv kostet keine 1000 Euro, ein entsprechendes Objektiv mit 900mm für Vollformat ist um ein vielfaches teurer und das Pendant für Micro-Four-Thirds gibt es zwar, das 300-800mm ( ungerechnet auf Kleinbildformat 600 x 1600 mm ) wird jedoch nicht mehr neu gebaut und ist ebenfalls teuer.
Eine weitere Abhängigkeit ist das Objektiv an sich, es gibt nicht jede Brennweite für jedes System und es gibt extreme Preisunterschiede, so sind oft Objektive nur für die kleineren Sensoren der APS-C-Kameras geeignet weil die Ingenieure den kleineren Bildkreis gerechnet hatten und trotzdem würden diese Gläser an einzelne Vollformat-Kameras passen, das muss man berücksichtigen, auch die Verfügbarkeit an Objektiven grundsätzlich, gibt einige Hersteller, die erheben immens hohe Preise für gutes Glas und es gibt Hersteller, die bauen solche Objektive mit sehr guter Qualität für deutlich weniger Geld. Auch hier kann man an den eigenen Möglichkeiten und Interessen die Wahl des Sensors orientieren.

Welche Abhängigkeiten es nicht gibt:

Größerer Sensor = bessere Qualität - das wird gerne im Internet so erklärt, ist aber totaler Blödsinn, es kommt auf viele Faktoren an.
Teureres Objektiv = bessere Qualität - auch das ist ziemlicher Quatsch, es gibt immer wieder Objektive am Markt, die im Vergleich sehr viel teurere Objektive in die Tasche stecken.
Mehr Megapixel = bessere Qualität - auch hier kommt es auf die Tecnik intern an, es gibt zig Hersteller und zig Kombinationen der Hardware in der Kamera, oft mit gleichen Komponenten und nichts lässt sich da im Zusammenhang auf Auflösung definieren

Die Meinungen im Internet sind grundsätzlich sehr verschieden, was mir aufgefallen ist - oft sieht man bei denjenigen, die wirklich anhand von sehr sehr guten Fotos zeigen, wie wenig der Cropfaktor tatsächlich mit dem Bildergebnis zu tun hat. Diese Fotografen verstehen das Handwerk und haben genau die Ausrüstung im Einsatz, die bei denjenigen, die die Sensorgrößendiskussion immer und immer wieder auf die Größe als Maßstab trimmen keine Chancen haben würde in der Praxis.

:bier:
Gruß

Dirk 8)

Flusitechnisch nun in den Rentenstatus gewechselt

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Sonntag, 29. November 2015, 18:46

Cool, das wäre meine nächste Frage gewesen! :thumbsup: :yes: :lol: :bier:

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cptCaptain

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3

Sonntag, 29. November 2015, 18:47

Wunderbar erklärt :thumbup:

Edit:

Zitat

das die Diagonale der Vollformat nur 0,6 mal so lang ist wie die Diagonale der Vollformat.

Nicht das du meinst ich zähle Erbsen aber...
Sollte da am Ende nicht Mittelformat stehen?

grüsse aus LOLW :oesi:
Jürgen

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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »cptCaptain« (29. November 2015, 18:50)


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Sonntag, 29. November 2015, 18:56

Sollte da am Ende nicht Mittelformat stehen?


Stimmt, danke für den Hinweis, das war tatsächlich ein Schreibfehler von mir :thumb:
Hab das mal korrigiert :pfeif:

:bier:
Gruß

Dirk 8)

Flusitechnisch nun in den Rentenstatus gewechselt